Greenwashing hat jeder schon einmal gehört, meisten bringen wir dieses Phänomen mit großen Konzernen in Verbindung. Greenwashing ist ein Begriff, der verwendet wird, um eine Täuschung oder irreführende Werbung zu beschreiben, die von Unternehmen oder Organisationen betrieben wird, um den Eindruck zu erwecken, dass sie umweltfreundlich handeln, obwohl ihre tatsächlichen Praktiken nicht mit diesen Behauptungen übereinstimmen. Es ist im Grunde genommen eine Art von Marketingtrick, bei dem Unternehmen versuchen, ein positives Image im Zusammenhang mit Umweltschutz und Nachhaltigkeit zu erzeugen, um Kunden anzulocken, obwohl sie möglicherweise nicht wirklich umweltfreundliche Praktiken verfolgen. Was hat das mit einer Naturheilpraxis zu tun? Eine Menge.
Weiterlesen: Die dunkle Seite des Grüns: Greenwashing in der NaturheilpraxisAls wirtschaftliche Unternehmen am Markt greifen wir mit einer Naturheilpraxis ebenso in den Wirtschaftskreislauf ein, wie andere Unternehmen auch. Wir zahlen Steuern und nehmen Gelder ein. Damit steigt die Verantwortung, dass wir uns am Klimaschutz beteiligen. Aber gehen wir einen Schritt zurück, wie kann denn in einer Praxis Greenwashing passieren und wie messen wir das Ganze überhaupt? Das müssen wir zunächst wissen, um es vermeiden zu können. Beginnen wir also mit dem ökologischen Fußabdruck.
Der ökologische Fußabdruck misst den Ressourcenverbrauch einer Person, einer Bevölkerungsgruppe oder eines Landes und vergleicht ihn mit der Kapazität der Erde, diese Ressourcen bereitzustellen und Abfälle zu absorbieren. Er wird in globalen Hektar (gha) gemessen, wobei ein globaler Hektar die durchschnittliche Produktions- und Absorptionskapazität eines Hektars Land auf der Erde darstellt.
Der ökologische Fußabdruck einer Person kann je nach Lebensstil, Konsumverhalten und geografischer Lage stark variieren. Beispiele für Faktoren, die den ökologischen Fußabdruck beeinflussen, sind der Energieverbrauch, die Ernährungsgewohnheiten, die Art der Fortbewegung, die Wohnfläche und der Wasserverbrauch.
Um eine Vorstellung von den Größenordnungen zu bekommen: Der durchschnittliche ökologische Fußabdruck pro Person weltweit liegt derzeit bei etwa 2,8 globalen Hektar. Dies liegt deutlich über der nachhaltigen Kapazität der Erde, die derzeit bei etwa 1,7 globalen Hektar pro Person liegt. Das bedeutet, dass wir insgesamt mehr Ressourcen verbrauchen, als die Erde erneuern kann.
Um einen nachhaltigen Lebensstil zu erreichen, ist es wichtig, unseren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren und unsere Ressourcennutzung zu optimieren. Dies kann durch Maßnahmen wie Energieeinsparung, nachhaltige Ernährung, Vermeidung von Lebensmittelverschwendung, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und Recycling erreicht werden.
Um Greenwashing zu vermeiden und stattdessen echte Maßnahmen zum Umweltschutz zu ergreifen, sollten alle aktiv werden, auch wir mit unseren Naturheilpraxen. Ein wesentlicher Aspekt bei der Förderung eines klimabewussten Lebensstils in einer Naturheilpraxis ist zu Anfang die bewusste Beschaffung von Produkten und Materialien. Durch die Wahl umweltfreundlicher Produkte, die nachhaltig hergestellt wurden und möglichst wenig Ressourcen verbrauchen, unterstützen wir nicht nur die Gesundheit unserer Patient*innen, sondern auch die Gesundheit unseres Planeten.
Es ist wichtig anzuerkennen, dass nicht nur offensichtliche Umweltbelastungen wie Abfall oder Verschmutzung zu Umweltschäden beitragen können. Selbst scheinbar harmlose Dinge wie Computer und Software können eine negative Auswirkung auf die Umwelt haben. Computerhardware wird oft aus Materialien hergestellt, deren Gewinnung und Verarbeitung umweltschädlich ist. Dies gilt insbesondere für seltene Erden und Metalle wie Lithium, die für die Herstellung von Computerkomponenten wie Batterien und Prozessoren benötigt werden. Wir brauchen in der Praxis einen gewissen Standart an Hardware und einige Diagnostik-Tools lassen keine Alternativen zu. Dennoch lohnt es sich, gerade zu Beginn, gut zu vergleichen. Es muss vielleicht nicht das überteuerte Markentablet sein, oft gibt es Alternativen die vielleicht mit etwas weniger Ausbeutung hergestellt wurden.
Wenn es darum geht, umweltfreundliche Hardware zu wählen, spielen kleine Kriterien eine wichtige Rolle. Zum Beispiel sollte die Hardware energieeffizient sein, um den Energieverbrauch der Praxis zu minimieren und die Betriebskosten zu senken. Produkte mit entsprechenden Zertifizierungen wie dem EU-Energielabel oder dem Energy Star-Standard sind gute Anhaltspunkte. Darüber hinaus ist es wichtig, auf die Materialien zu achten, aus denen die Hardware besteht, und sicherzustellen, dass sie keine schädlichen Chemikalien enthält, die die Gesundheit beeinträchtigen könnten. In einer Praxisumgebung, in der Effizienz und Zuverlässigkeit entscheidend sind, ist auch die Langlebigkeit und die Möglichkeit zur Reparatur von Geräten von großer Bedeutung. Durch die Auswahl hochwertiger, langlebiger Hardware können wir nicht nur Kosten sparen, sondern auch ihren ökologischen Fußabdruck minimieren. Und natürlich sollten wir auch die Umweltpolitik der Hersteller berücksichtigen und uns für Unternehmen entscheiden, die sich für Umweltschutz und Nachhaltigkeit engagieren.
Darüber hinaus verbrauchen Computer während ihres Betriebs Energie, oft aus nicht-erneuerbaren Quellen wie Kohle oder Erdgas, was zu einem erhöhten CO2-Ausstoß führt und somit zum Klimawandel beiträgt. Zusätzlich können Softwareanwendungen, insbesondere solche, die eine ständige Datenverbindung erfordern oder große Rechenkapazitäten beanspruchen, erhebliche Mengen an Energie verbrauchen. Wenn man dieses Thema auf die Spitze treibt, spielt auch die Programmierung der Praxiswebseite eine Rolle, lange Ladezeiten sind sehr Energieintensiv und damit nicht umweltfreundlich.
Ein weiterer Umweltaspekt, der häufig übersehen wird, ist der elektronische Abfall oder E-Schrott, der durch veraltete oder defekte Computer und Software entsteht. Diese Geräte enthalten oft giftige Chemikalien wie Blei und Quecksilber, die bei unsachgemäßer Entsorgung Boden und Gewässer verschmutzen können. Verbrauchen wir also viel, verursachen wir auch mehr giftigen Abfall.
Daher ist es wichtig, bei der Nutzung von Computern und Software umweltbewusst zu handeln. Dies kann bedeuten, energieeffiziente Geräte zu wählen, Softwareanwendungen zu optimieren, um den Energieverbrauch zu reduzieren, und beim Recycling von elektronischen Geräten verantwortungsvoll vorzugehen. Durch diese Maßnahmen können wir dazu beitragen, die Umweltauswirkungen unserer digitalen Aktivitäten zu minimieren und einen nachhaltigeren Umgang mit Technologie zu fördern.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Förderung von Energieeffizienz. Indem Praxen auf energiesparende Geräte und Beleuchtungssysteme setzen, reduzieren wir unseren Energieverbrauch und tragen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen bei.
Zusätzlich ist die Minimierung von Abfall und das Recycling von großer Bedeutung. Durch die Implementierung von Abfalltrennungs- und Recyclingprogrammen können Praxen die Menge an Abfall, die auf Deponien landet, reduzieren und wertvolle Ressourcen schonen. Hier sind wir an die Abfallverordnung der jeweiligen Bundeslänger gebunden und natürlich lässt sich nicht jeder Müll vermeiden. Gerade in invasiven Praxen gibt es unheimlich viel Einwegmaterial. Hier ist es wichtig, dass dieser Punkt nicht als Sparmaßnahme kommuniziert wird. Wir müssen uns in der Werbung also überlegen, mit welchen Maßnahmen wir uns sicher nach Außen hin zeigen können ohne dass wir in die Greenwashing-Falle tappen. Es kann schon unglücklich kommuniziert sein, wenn ich mich zum einen sehr für vegane Kosmetik einsetze und dann Hersteller in der Praxis nutze, die dem nicht entsprechen. Schaut also genau hin, wo Mittel und Medikamenten im Praxisalltag herkommen. Erst wenn wir das ganz sicher wissen, können wir damit kommunizieren.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Förderung nachhaltiger Transportmöglichkeiten. Indem wir auf öffentliche Verkehrsmittel, Fahrgemeinschaften oder andere umweltfreundliche Transportmöglichkeiten setzen, können sie die CO2-Emissionen verringern und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Auch das sind Trendthemen, die sehr emotional gehandelt werden. Zeige ich mich auf Instagram immer mit dem Fahrrad, kann es Patient*innen sehr wohl unangenehm sein wenn sie wissen, dass wir ständig mit dem Auto in die Praxis kommen. Auch wenn das Fahrrad-Bild mehr Likes bekommt, passt auf in welche Ecke ihr euch stellt, einen Shitstorm in Bezug auf Greenwashing bekommt man so schnell nicht wieder ausgebügelt.
Und schlussendlich setzen wir auf einen verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen. Durch ressourceneffiziente Praktiken minimieren wir in der Praxis Verbrauch von Wasser, Papier und anderen natürlichen Ressourcen und tragen zum Schutz unserer Umwelt bei. Das bedeutet, dass wir nicht jede Rechnung ausdrucken und sparsamer mit Wegwerfartikeln umgehen. Seifenspender können wir auffüllen statt Einmalspender zu nutzen (Ja, das geht natürlich nicht mit Desinfektionsmittel) und Druckerpapier kann mit Zertifikat sein.
Wir glauben fest daran, dass Naturheilpraxen eine Vorbildfunktion in Sachen Umweltschutz einnehmen können. Indem sie wir diese Maßnahmen umsetzen und eine klimabewusste Lebensweise fördern, können wir so vieles besser machen! Und vor allem sollten wir uns in Zurückhaltung üben wenn wir nicht sicher sein können, dass das, was wir gerade tun, wirklich Umweltschützend ist. Das wäre dann nämlich Greenwashing, die Vortäuschung falscher Tatsachen.
Zum Schluss haben wir noch zwei kleine Beispiele für Greenwashing.
Fallbeispiel für einen größeren Betrieb:
Ein großer Hersteller von Naturkosmetikprodukten behauptet in seiner Werbung, ausschließlich natürliche und umweltfreundliche Inhaltsstoffe zu verwenden und sich aktiv für den Umweltschutz einzusetzen. Sie bewerben ihre Produkte mit Bildern von idyllischen Naturlandschaften und grünen Blättern, um den Eindruck zu erwecken, dass ihre Produkte gut für die Umwelt sind. Doch bei genauerer Prüfung stellt sich heraus, dass viele ihrer Produkte synthetische Zusatzstoffe enthalten und nicht alle Inhaltsstoffe tatsächlich umweltfreundlich sind. Außerdem werden einige Produkte in Plastikverpackungen verkauft, die nicht biologisch abbaubar sind. Trotz der umweltfreundlichen Werbebotschaften des Unternehmens sind ihre tatsächlichen Praktiken nicht immer so nachhaltig, wie sie vorgeben.
Fallbeispiel für eine kleine Praxis:
Eine kleine Naturheilpraxis wirbt damit, umweltfreundliche Praktiken zu fördern und nur natürliche Heilmittel anzubieten. Sie haben ein Recyclingprogramm implementiert und nutzen Papierprodukte aus recyceltem Material. In ihrer Werbung betonen sie ihr Engagement für den Umweltschutz und geben an, dass ihre Praxis vollständig nachhaltig ist. Doch bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass die Praxis immer noch Plastikprodukte verwendet, die nicht biologisch abbaubar sind, und ihre Energieeffizienz nicht optimiert hat. Auch wenn die Praxis einige umweltfreundliche Maßnahmen umsetzt, gibt es noch Verbesserungspotenzial, um wirklich als nachhaltig bezeichnet zu werden. Dies zeigt, dass selbst kleine Praxen, die sich für den Umweltschutz einsetzen, noch Raum zur Verbesserung haben können.