Eine Tätigkeit als Heilpraktiker*in ist in erster Linie nichts anderes, als jede andere Selbstständigkeit. Wir sind selber verantwortlich für die Art und Dauer unser Arbeit, können selber bestimmen wieviel wir verdienen wollen und wieviel Zeit wir mit unserer Arbeit verbringen. Wir verdienen allerdings, in der Zeit, in der wir nicht arbeiten, auch kein Geld. Ebensowenig gibt es Urlaubs- oder Weihnachtsgeld. Also, was denkt ihr? Genau, meistens arbeiten wir mit diesem Druck im Nacken ein wenig mehr als uns gut tut.
Wie können wir das denn am besten vermeide? Ganz einfach, ersteinmal mit einer vernünftigen Zeiterfassung. Keine Sorge, ihr braucht keine Stechuhr dafür. Als selbstständige Heilpraktiker*innen stehen wir vor der Herausforderung, unsere Arbeitszeiten wirklich genau zu erfassen. Dies ist entscheidend, da eine ungenaue Zeiterfassung oft zu einer verzerrten Einschätzung unseres tatsächlichen Stundenlohns führt und unbezahlte Überstunden verdeckt.
Die Kalkulation des realen Stundenlohns:
Viele Selbstständige schätzen ihre reale Arbeitszeit falsch ein. Die Arbeit beginnt nämlich nicht erst, wenn wir am Patienten stehen, sondern lange davor. Fahrtweg, Buchhaltung, noch mal eben schnell in eine Akte einlesen, nachforschen ob das Medikament von Pat.XYZ vielleicht im Beipackzettel Symptome aufführt… all das ist Arbeitszeit. Das Fehlen einer genauen Zeiterfassung führt dazu, dass wir möglicherweise mehr Stunden arbeiten, als wir bezahlt bekommen. Dies kann langfristig die finanzielle Gesundheit unserer Praxis beeinträchtigen. Und auch unsere Freizeit massiv einschränken, was wiederum Krankheiten und Erschöpfung begünstigt. Auch Fortbildung zählt zur Arbeitszeit.
Lösung: Die Nutzung von digitalen Tools und regelmäßige Analysen der Arbeitszeit, um den realen Stundenlohn zu berechnen und Preiskalkulationen entsprechend anzupassen.
Wie kann das genau aussehen? Ich bin ja ein großer Freund von Jahresplanungen. Die meisten Seminartermin sind ab dem Jahresanfang online zu finden, ich kann also zumindest die Fortbildung am Jahresanfang planen. Und das ist dann kein Urlaub sondern in der Zeit wird die Praxis für Fortbildungsmaßnahmen geschlossen. Und weil ich in der Zeit kein Geld verdiene, muss ich zumindest diesen Bonus sehr gut kommunizieren, um einen Nutzen daraus zu ziehen. Es wird also vorher einen Newsletter geben, was für eine Fortbildung ich besuche und wie lange die Praxis geschlossen bleibt. Die Patient*innen sollen sehen, dass hier Fortbildung passiert und sie danach für ihr Geld eine bessere Leistung oder eine neue Behandlungsmethode bekommen können. Die zweite Maßnahme ist, in der Praxis kleine Zettel auszulegen: „Ich bin vom 1.5.-31.5 auf einer Fortbildung um für Sie mein Wissen zu erweitern. Ab dem 1.6. bin ich wieder für Sie da und kann ab dem Zeitpunkt auch medizinisches Taping in meiner Praxis anbieten. Die Preise dafür sehen wie folgt aus …..“
Ich nutze diese Fortbildung also direkt für eine Patientenbindungsmaßnahme, für eine Vertrauenserhaltung und für Aufmerksamkeit. Und je länger ich weiß, welche Fortbildungen im laufenden Jahr passieren, desto besser kann ich das kommunizieren. Ich habe also einen direkten Geldausfall aber einen indirekten und langfristigen Gewinn. Also kein Freizeitvergnügen sondern wirkliche Arbeitszeit.
Als nächsten lohnt es sich, die Praxistage zu tracken. Was passiert wann, was erledige ich auf dem Weg zur Arbeit, wie lange dauert die Anfahrt, wann schließe ich die Tür auf und wann ab. Arbeitszeit ist die Zeit, die ich nicht zuhause bin. Danach wird aufgeschlüsselt in
- Administratives
- Hygiene-Arbeit
- Arbeit am Patienten
- Buchhaltung
- Putzen und waschen
- Essenszeiten
- Fahrtwege
Diese Stunden werden addiert und durch den Gewinn (nicht Umsatz!) geteilt, dann habe ich meinen Stundenlohn schwarz auf weiß. Nach vier Wochen sollte ein recht genaues Bild vorhanden sein. Das ist nicht immer schön, aber enorm hilfreich um Zeitfressern auf die Spur zu kommen.
Die Risiken bei fehlender Arbeitszeiterfassung:
Die Selbstständigkeit führt oft dazu, dass die Grenzen zwischen Arbeit und persönlicher Zeit verschwimmen. Dies kann zu unbezahlten Überstunden und einer unterschätzten Arbeitsbelastung führen, da wir uns oft nicht bewusst sind, wie viel Zeit wir tatsächlich in unsere Arbeit investieren.
Lösung: Klar definierte Arbeitszeiten setzen, regelmäßige Pausen einplanen und bewusst die Trennung zwischen Arbeits- und Freizeit praktizieren.
Die Bedeutung von Pausen und Work-Life-Balance:
Ein permanenter Arbeitsmodus aufgrund der Vermischung von Arbeit und persönlicher Zeit kann zu Burnout und Erschöpfung führen. Pausen sind unerlässlich, um die Gesundheit zu wahren und die Work-Life-Balance aufrechtzuerhalten.
Lösung: Regelmäßige Pausen in den Arbeitsalltag integrieren, um Energie zu tanken und das Gleichgewicht zwischen Arbeit und Leben zu wahren.
Lösungsansätze für effektive Arbeitszeiterfassung und Burnout-Prävention:
- Digitale Tools: Moderne Zeiterfassungs-Apps nutzen, um Arbeitszeiten genau zu dokumentieren und den Überblick zu behalten.
- Selbstreflexion: Regelmäßig die Arbeitspraktiken überprüfen und anpassen, um eine gesunde Balance zu erreichen.
- Achtsamkeit: Auf Anzeichen von Burnout achten und proaktiv reagieren, indem Pausen und Ruhezeiten eingehalten werden.
Passende Apps dafür sind z.B.
1. Stechuhr X (nur für IOS)
Wer sich vor allem aufs Wesentliche konzentrieren möchte, kann mit Stechuhr X schnell und einfach seine Arbeitszeit dokumentieren. Die App bietet vor allem eines: Zeiterfassung. Dafür trägt man zunächst die gewünschten Parameter für Pausen und Wochenstunden ein, die App berechnet dann die genaue Arbeitszeit nach dem Stechuhr-Prinzip. Der Nachteil: Die Anwendung ist nur für Apple-Geräte verfügbar.
2. Stempeluhr 2.1 (nur Android)
Das Android-Äquivalent zur Stechuhr X. Die Anwendung bietet eine einfache Nutzungsoberfläche mit den wichtigsten Funktionen und einer unkomplizierten Bedienung.
3. WorkingHours
Anders als bei Stechuhr X, trägt man in der App WorkingHours nicht einfach Anfang und Ende der Arbeitzeit ein, sondern kann diese minutengenau mit einem Timer messen. Die Erfassung startet mit nur einem Klick, anschließend läuft der Timer – bis man ihn etwa in der Mittagspause unterbricht. Das Praktische: Die App kann zwischen verschiedenen Tätigkeiten unterscheiden. Wer also einen genauen Überblick darüber haben möchte, wie viel Zeit eine bestimmte Aufgabe in Anspruch genommen hat, kann auch das exakt aufzeichnen.
4. Toggl Track
Eine weitere App, mit der die Arbeitszeit für einzelne Tätigkeiten genau festgehalten werden kann, ist Toggl Track. Die erfassten Stunden landen außerdem in übersichtlichen Grafiken – und ermöglichen so einen guten Überblick. Die App funktioniert nicht nur auf dem Handy sondern auch am Computer.
5. atWork Zeiterfassung
Mit der App atWork können Nutzerinnen und Nutzer nicht nur die gearbeiteten Stunden erfassen, sondern auch ausrechnen, wieviel sie durch ihre Arbeit verdient haben. Diese Funktion ist insbesondere für Selbstständige praktisch, für jede Tätigkeit kann ein individueller Stundensatz angegeben werden. Ansonsten funktioniert die App nach dem Stechuhr-Prinzip, bei dem Anfang und Ende der Arbeitszeit angegeben werden und die Anwendung die Stunden berechnet.
Quelle: https://www.morgenpost.de/ratgeber/article239202179/arbeitszeiterfassung-smartphone-app-stunden-stechuhr.html