Wir kommen auf Instagram und TikTok kaum an Ihnen vorbei; Influencer die in Sachen Medizin, Heilpraktik und Therapie unterwegs sind, sogenannte Medfluencer. Wer steckt dahinter, was ist erlaubt und wo verschwimmen die Grenzen zwischen gut platzierter Werbung und dem Hippokratischen Eid. Wir haben uns quer durch die gut laufende Branche des Gesundheitswesens gewühlt und klären hier ein wenig auf.
Was sind Medfluencer genau? Das sind Ärztinnen und Ärzte, Studierende, Apothekerinnen und Apotheker, viele Heilpraktiker*innen und auch medizinische Laien mit einer Meinung, die auf sozialen Plattformen wie Instagram, Facebook oder TikTok unterwegs sind und mit medizinischem Content den Markt fluten. Die Nicknames heißen beispielsweise „medsri“, „arzt_und_apothekerin“, „angstwegmacher“oder „doc.felix“ .
Hier beginnt das Problem; Wer wirklich hinter dem Account steckt, bleibt oft intransparent. Nicknames, (die Namen der Accounts) lassen oft auf Qualifikationen schließen, die tatsächlich gar nicht vorhanden sind. Wir assoziieren mit „Doc“ automatisch einen Doktortitel und mit „Medizinier“ häufig ein abgeschlossenes Studium. Das ist in der Realität nicht immer der Fall. I know, es gibt durchaus Menschen mit einem großen Wissensschatz und ohne Titel, aber wie können wir das als Laien denn unterscheiden? Zu oft wird hier einer Meinung mehr als einem Fakt geglaubt. und eine vorgetäuschte Qualifikation ist ein Straftatbestand.
Bei Kolleg*innen stehen die Medfluencer oftmals stark in der Kritik, Doc-Check hat da ein schönes Video zu veröffentlicht, was auch die andere Seite gut darstellt, nämlich warum der medizinische Content in der heutigen Welt seinen Platz auch auf Social Media rechtfertigt. Und schwarze Schafe gibt es immer, egal wo. So haben wir auch hier damit zu kämpfen Werbung von guten Inhalten zu trennen, denn oftmals steckt hinter einem Medfluencer eine Agentur die sich auf Produktplatzierung spezialisiert hat und das Vertrauen der Follower eines Medfluencers nutzt um Verträge aus der Pharma- und Kosmetikbranche zu bedienen.
Eine dieser Agenturen ist Medfluencer – MEDSERVATION. Hier finden wir in einer Datenbank viele wohlbekannte Gesichter und können sehen wie viele Follower und Likes vorhanden sind. Medservation sieht die eigene Aufgabe wie folgt: „Unser Ziel ist es, durch moderne und auf die Bedürfnisse der Zielgruppe abgestimmte Kommunikationsformate und Tools die Arzt-Patienten-Kommunikation zu verbessern. Wir sehen uns als Patientenversteher und Klartext-Redner, als Übersetzer und Vermittler zwischen Arzt, Patient und anderen Playern des Gesundheitssystems.“
Schnell wird klar, dass der gern gesehene Content auch nicht unbedingt mehr vom Medfluencer selber produziert wird: „Unsere Experten produzieren Videos, Texte, Social-Media-Content und entwickeln digitale Plattformen sowie mobile Lösungen für Online Plattformen und Seminare und Coaching-Tools oder andere Formate.“
Dass sind dann die Accounts, bei denen der Laie sich wundert wie Superwoman/Superman alles unter einen Hut bekommt; Astreine Profivideos, teure Technik UND einen Job. Die Bubble des Erfolges wird gefüttert, wieder jemand, der sein Leben auf magische Art und Weise auf die Reihe bekommt ohne die Schattenseiten zu zeigen. Was für die Unternehmen und die Influencer ein sehr profitables Unterfangen ist, bleibt dem Konsumenten im verborgenen, gerade junge Menschen können Werbung von reiner Information überhaupt nicht mehr trennen. Das Vertrauen in den Influencer ist so groß, dass es über jeden Zweifel erhaben ist. Sehr authentisch ist dieser Account damit nicht.
Woran kann ich denn nun gute Influencer erkennen? Die IKK hat sich dieser Frage gewidmet:
Wer evidenzbasierte Informationen zu Nahrungsmitteln, Kalorien oder den Risiken von Junkfood und Softdrinks wie Coca-Cola sucht, findet auf den Intagram-Accounts von Healthcare-Influencern eine breite Palette von Auskünften. Doch neben Ärzt:innen, Medizinstudent:innen und Menschen mit fundiertem Wissen tummeln sich im Healthcare-Influencer-Marketing auch Personen mit zweifelhafter Intention. Darauf sollte man besonders achten:
- Ausbildung: Wer über Gesundheitsthemen informiert, sollte wissen, wie wissenschaftliche Daten zu interpretieren sind. Wer ein Medizinstudium, ein anderes naturwissenschaftliches Studium oder eine Ausbildung im Gesundheitsbereich hat, weiß in der Regel Spreu von Weizen zu trennen.
- Quellenangaben: Gibt es Verweise, die die Inhalte belegen? Sind die Quellen seriös, etwa Studien, Leitlinien, stehen Institute oder Fachgesellschaften dahinter? Wo wurden sie veröffentlicht? Welche Interessen könnten dahinter stecken?
- Werbung: Sollen bestimmte Produkte beworben werden, besteht ein wirtschaftliches Interesse? Das ist oft der Fall bei Wellness-Produkten und Nahrungsergänzungsmitteln. Vorsicht: Dann handelt es sich um eine Kampagne aus dem Influencer-Marketing, die Inhalte sind meist nicht mehr seriös.
Auf die Frage, welche Medfluencer seriös sind hat die IKK ein wenig recherchiert und wenige, gute Accounts auf Ihrer Seite vorgestellt. Inwieweit hier Agenturen im Spiel sind, lässt sich allerdings nicht beantworten.
Darf denn ein Arzt auf Social Media Werbung machen?
Grundsätzlich dürfen auch Ärztinnen und Ärzte online werben, solange sie sachlich und angemessen ist. Auch Image- und Vertrauenswerbung sind erlaubt. Welche Plattform dabei genutzt wird, ist ersteinmal egal.
Sie dürfen jedoch aber nicht für Produkte, Arzneimittel oder Dritte werben, sog. Fremdwerbeverbot. Dagegen wird online leider ständig verstoßen. Die Risiken für die Medfluencer sind berufsrechtliche Konsequenzen, von Bußgeldern bis hin zum Entzug der Approbation.
Aber auch Nicht-Ärzte verstoßen mit ihrer Werbung in sozialen Netzwerken oft gegen geltendes Recht. Die Werbung im Gesundheitswesen darf nicht anpreisend, irreführend oder vergleichend sein. Rabattaktionen sind ebenso unzulässig wie verschleiernde Werbung, das finden wir alles im Heilmittelwerbegesetz. Bei Verstößen drohen Bußgelder und Abmahnungen.
Welches Risiko gehen Medfluencer mit Ihren Handlungen ein?
Zunächst ist natürlich das verbreiten falscher Titel oder missverständlicher Einsatz solcher strafbar. Wer Heilbehandlungen anbietet, ohne dafür qualifiziert zu sein, kann sich strafbar machen. Was banal klingt, ist unterandauernd im Internet zu finden.
Das größte Risiko ist allerdings dass ein personalisierter medizinischer Rat als Heilbehandlung ausgelegt werden kann. Die Konsequenz: Es wird ein ordentlicher Behandlungsvertrag geschlossen. Der Medfluencer würde dann nicht nur gegen eine Vielzahl von berufsrechtlichen Regeln verstoßen, sondern auch für Schäden voll haften, vermutlich ohne Versicherungsschutz.
Die Medizinstudierenden unter den Medfluencern sollten im Blick haben, dass die angestrebte Approbation nicht nur die Prüfungsleistungen voraussetzt. Sie müssen auch persönlich „würdig und zuverlässig“ sein.
Daran kann gezweifelt werden, wenn sie als angehende Ärztin oder Arzt fortlaufend gegen Berufsrecht verstoßen und darauf sogar ein profitables Businessmodell aufbauen. Allen Medfluencern kann daher nur geraten werden, ihr Geschäftsmodell rechtlich überprüfen zu lassen, wenn sie es professionell betreiben wollen. Einen Artikel mit den rechtlichen Grundlagen findet hier.
Abschließend kann gesagt werden, es ist nicht alles Gold was glänzt und immer, wenn etwas kostenlos erscheint, ist man in der Regel selber das Kapital. Es lohnt sich also zu schauen, wer hinter solchen Accounts auf der Seite der Profiteure sitzt.